Nagual

Samstag, 16. Mai 2015

Fell-Handschuhbau im Detail

Wie angekündigt, nur etwas verspätet, hier die genaue Beschreibung des Fellhandschuhbaus.

Ich sage es gleich zum Beginn: Es ist kompliziert und nervtötend, also kalkuliert mindestens einen Fehlschlag mit ein. Denn hierfür gibt es keine Maße, keine Schablone und auch wenig Hilfen. Die einzige Schablone ist Eure Hand... den Handschuh zu nähen ist erstaunlich simpel, aber die Polster sind der Wahn schlechthin.

Ich sage das nur, weil es in wirklich allen Ratgebern im Internet zur Seuche geworden ist, alles zu simplifizieren und einem eine Geschichte vom Gaul zu erzählen, wie einfach und lockerleicht doch alles sei... mir persönlich ist es jetzt Wurst ob ihr mich für einen unbegabten Nähtrottel haltet, aber ich kann nur sagen, es ist schwer und wer es geschafft hat, weiß was ich meine.

Nun denn... so geht's:

Wie ich schon hier schrieb, ist das Nähen des Handschuhs als solches keine große Sache.
Hand mit gespeizten Fingern auf den Stoff legen, Kontur abzeichnen, überall eine Zugabe von 5-10mm einzeichnen, Beugen markieren, einschneiden, heftnähen, anziehen, korrigieren, schlußnähen. Fertig.

Die Bilder hierzu stehen im verlinkten Beitrag und erklären diesen Prozess soweit ganz gut.

Da ist er nun, der fertige passgenaue, schöne linke Handschuh. Auf links gekrempelt.
Wenn Dein Handschuhe so aussieht, oder besser, Glückwunsch... denn jetzt wirst Du ihn zerschneiden müssen ^^.

Die Passform wird sich nochmals verändern - er wird enger werden, weil die Nähte den Stoff straffen (sie "verbrauchen" ja Stoff). Es ist also sinnvoll wenn der Handschuh vorher minimal größer war als gedacht.

Markiere Dir alles gut! Mache nie den Fehler der mir unterlief - zwar gute Arbeit, aber an der OBERseite.

Wenn Du die Kontur des späteren Polsters eingezeichnet hast und zufrieden damit bist, schneid das Loch aus. Mach es minimal kleiner als das spätere Polster - im Schnitt 3-5mm kleiner. An den engen Biegungen kannst Du fast auf Maß schneiden - das zieht das Polster später besser in Form.
 Erstmal ein kleines Loch in die Mitte. Zerschnippel die Ausschnitte nicht - sie dienen Dir später als Vorlage für das Polster aus Velourleder. Damit wird es leichter die Form zu treffen und die Polster trotz Schaumstofffütterung sinnvoll zu vernähen.

Die Schnittkannte sollte so sauber wie möglich sein, wenn Einschnitte da sind kann es dazu führen, dass sich später ein Riß bildet, weil auf die Kante ziemlicher Zug kommt.
Arbeite deshalb am besten mit einer sehr scharfen Schere.

Der Zug an den Nahtkanten ist ohnehin ein Problem. Die Naht muss einiges aushalten wenn man seine Hände benutzt. Einige Heftnähte aus doppelt genommenen Baumwollgarn sind mir sofort gerißen als ich einmal testhalber etwas gegriffen habe... nimm also am besten Polyestergarn und vernäh es ordentlich mit genügend Zugabe am Rand des Ausschnitts.
Hast Du alle Löcher erzeugt und bist glücklich, ist die Sache schonmal geschafft.

Pass bloß auf das Du nicht die andere Stofflage erwischt, sonst hast Du eine Narbe auf dem Handrücken.

Die Fingerkuppen kommen später. Jetzt soll es erstmal um die ausschlaggebenden Handpolster gehen. Wenn hier die Löcher nicht passen, ist der Handschuh sowieso hinüber...


Die Stücke die Du nun übrig hast, sind Deine Schablone für die Polster.
Man schneidet aus dem Velour eckige Stücke, schlachtet eine alte Schaumstoffmatratze und schneidet aus ihr passend große dreieckige Stücke (also von der Draufsicht her dreieckig).
Die schnippelt man sich nun in eine mehr oder minder runde Form. Es muss jetzt nicht glatt wie eine Orange werden... das zieht sich unterm Velour schon glatt. Wichtig ist eher die richtige Dicke. Nach Außen hin sollen die Ballen dünner auslaufen.

Den Überschuß an Velour schneidet man konturgerecht ab und vernäht das Ganze grob mit Heftgarn.

Dann gehts ans Einnähen... und das ist mehr als kompliziert. Du hast keinen Anhaltspunkt in welchem Winkel und von welcher Position Du nun anfangen musst zu nähen. Deshalb legst Du das Polster erstmal auf und steckst es mit Stecknadeln fest... wenn Du Glück hast, findest Du eine markante Stelle, die Dir als Orientierung dient.

Wichtig hierbei ist jetzt dass Du den Stoff nicht zu arg ziehst um ihn am Polstersaum festzunähen, sonst verkürzt Du die Handinnenfläche massiv und Du wirst später nicht mehr in den Handschuh reinkommen.

Genäht wird so, dass man die Nähte später nicht sieht. Also legst Du den Saum des Polsters auf die Innenseite der umgeschlagenen Kante des Lochs... fürchterlich zu erklären.

Wenn Du es vor Dir liegen hast und überlegst wie man die Naht später nicht sieht, wirst Du es vermutlich verstehen.
Generell musst Du nur darauf achten, dass das Polster auf die farbige gemusterte Kante des Lochs genäht wird, nicht auf die Innenseite des Stoffes. Du nähst also auf die rechte Seite des Stoffes... im Grunde wie bei einer üblichen Naht auch, nur sieht es hier eben mordsmäßig skurril aus.

Es ist eine echte Fummelei. Versuch möglichst so zu stechen, dass Du immer noch ein wenig des Schaumstoffes im Polster erwischt, dann wird die Kante glatter und der Übergang zwischen "Haut" und Fell wird deutlicher... so sieht es dann auch aus, als würden die Polster aus dem Fell wachsen.

Ein guter Anhaltspunkt für die Stichposition ist die Heftnaht, die man vorher gesetzt hat. Wenn man immer minimal nach innen einsticht um fertigzunähen, sollte der Übergang perfekt passen.

Es kann passieren das Du feststellst das Du zuviel Stoff des Handschuh's "über" hast. Dann sind entweder deine Polster zu klein geraten, oder Du hast den Stoff ungewollt zu arg gekürzt, mit Deiner Naht.
Hier hilft leider nur auftrennen und von Vorn anfangen. Habe ich auch oft gehabt. Meist langt es, wenn man die letzten 3-4cm Nahr auftrennt. Aber Du kannst sonst nichts anderes tun, denn wenn Du trotzdem weiternähst, wird sich eine riesige Falte bilden oder, noch schlimmer, der Handschuh ist unbrauchbar.

Anders rum kann es auch sein dass man zuviel Polster "über" hat. Je nach Form des Polsters ist das aber weniger schlimm. Dann kürzt man es einfach entsprechend und näht es trotzdem fest. Die Form durch das Loch haben die Ballen später sowieso. Zumindest die Kontur... Wölbung und Ausprägung hängen natürlich vom Schaumstoff ab.

Wenn Du, wie ich, kleine Falten auf den Ballen möchtest, die an die Ballen von Katzen oder Hunden erinnern, dann musst Du einige verspannende Stiche auf der Außenseite (der sichtbaren Seite) des Polsters machen... aber natürlich im Handschuhinneren, wo man sie nicht sieht.
Du verkürzt an der Außenkannte des Polsters durch vier oder fünf Stiche den Stoff und ziehst ordentlich dabei an... dann wird sich der Stoff oben in diese Richtung ziehen und eine Faltenlinie bilden. Ist ein bisschen Geschmackssache und Ausprobieren dabei. Aber zumindest kann man jetzt rumprobieren ohne den Handschuh noch kaputtmachen zu können.

Die Polster müssen stramm sein, nähe sie also lieber eine Spur enger. Denn der Horror ist es, wenn man dann merkt dass sich im Inneren der Schaumstoff bewegen lässt. Ein paar Blindstiche helfen hier, mit farblich passendem Garn, sind aber eher die Notlösung.

Ich bin sicher dass man das auch kleben kann... aber ich vertraue eigentlich nur Nähten. Die Ansprüche die man an Klebstoffe stellt sind teils arg überzogen. Eine derart belastete Fläche, Scher- und Schälkräften ausgesetzt, auf einem saugenden Material, kann eigentlich nie lange geklebt halten.
Aber man könnte sich das Leben leichter machen, wenn man beides verwendet - Klebstoff und Naht. So wird eventuell der Bau leichter.

Ein paar Fäden sieht man hier zwar noch, aber die kann man notfalls mit ein bisschen Geduld vertuschen... je besser man wird, desto weniger Fäden sieht man letztlich. Ganz vermeiden wird man sie wohl nie können.

Die Fingerkuppen habe ich bislang noch nicht, da ich noch unschlüssig bin ob sie auch unterfüttert werden wie die Handballen, oder aus glattem Stoff sind.

Ich tendiere derzeit zum glatten Stoff.

Der Eindruck dieser Handschuhe ist jedenfalls sehr ansprechend. Außerdem heißt es von anderen Leuten, es sei ein ulkiges Gefühl wenn ich jemandem damit die Hand gebe... im Großen und Ganzen bin ich demnach sehr zufrieden.

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